Istislah: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Istislah (arab.استصلاح) ist eine der umstrittenen Quellen des Fiqh. Insbesondere die [[Malikitische Fiqh-Schule]] stützt sich im Rahmen des [[Idschtihad]]s auf diese Quelle, man spricht auch vom Idtschihad al-Istislahy. <ref name="abbasi">`Abbasy Dr., Nur Ad-Din, Al-Idschtihad al-Istislahy, S. 180, Beirut 2008</ref>.
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Der '''Istislah''' (arab.استصلاح) ist eine der umstrittenen Quellen des Fiqh. Insbesondere die [[Malikitische Fiqh-Schule]] stützt sich im Rahmen des [[Idschtihad]]s auf diese Quelle, man spricht auch vom Idtschihad al-Istislahy <ref name="abbasi">`Abbasy Dr., Nur Ad-Din (2008): Al-Idschtihad al-Istislahy, S. 180, Beirut</ref>.
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== Definition des Istislahs ==
 
== Definition des Istislahs ==
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'''Wörtliche Bedeutung des Istislahs''':
 
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Manche Gelehrten verwenden den Begriff als Synonyum zu den [[Masalih Mursala]]. In beiden Begriffen steckt die Wurzel s-l-h. Beim Begriff Istislah wurde die Vorsilbe I-s-t angefügt, die in der arabischen Sprache oft in der Bedeutung "um etwas nachsuchen, fordern" steht<ref group="A">vgl.: istifsara- nach Tafsir/einer Erklärung suchen.</ref>. Istislah bedeutet daher wörtlich "das Fordern von Verbesserung und (Allgemein-)Wohl. "<ref>Khallaf, Abdulwahhab (1982): Masadir at-Taschri´ al-Islami fima la nass fihi, Dar al-Qalam</ref>.
Manche Gelehrten verwenden den Begriff als Synonyum zu den [[Masalih Mursala]]. In beiden Begriffen steckt die Wurzel s-l-h. Beim Begriff Istislah wurde die Vorsilbe I-s-t angefügt, die in der arabischen Sprache oft in der Bedeutung "um etwas nachsuchen, fordern" steht. <ref group="A">vgl.: istifsara- nach Tafsir/einer Erklärung suchen.</ref>. Istislah bedeutet daher wörtlich "das Fordern von Verbesserung und (Allgemein-)Wohl. " <ref> Masadir at-Taschri´ al-Islami fima la nass fihi, Khallaf, Abdulwahhab, Dar al-Qalam 1982</ref>
 
  
 
'''Der Istislah als Fachterminus''':
 
'''Der Istislah als Fachterminus''':
  
Ibn Qudama schrieb: "Istislah ist das Beachten des Maslaha Mursala"<ref>Raudatu al-Munaatir, Ibn Qudama, schamila</ref> , d.h. die Berücksichtigung des allgemeinen Interesses.
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Ibn Qudama schrieb: "Istislah ist das Beachten des Maslaha Mursala"<ref>Raudatu al-Munaatir, Ibn Qudama, schamila</ref>, d.h. die Berücksichtigung des allgemeinen Interesses.
  
"Der Istislah galt als Rechtsgewinnungsmethode zur Schaffung von Rechtsnormen zwecks Schutzes von Allgemeininteressen, die weder durch die Normen der vorrangigen Rechtsquellen (den Quran, die Sunna, den Idschma', den Qiyas) anerkannt noch verworfen werden. Solche Interessen nannte man Maslaha mursala. Die Kehrseite dieses Prinzips bedeutet, dass der Istislah keine derogierende Kraft gegenüber den durch die vorrangigen Quellen abgeleiteten Normen besitzt."<ref> El Baradie,Adel; Gottes-Recht und Menschen-Recht; S. 69; Baden-Baden 1983</ref>  
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"Der Istislah galt als Rechtsgewinnungsmethode zur Schaffung von Rechtsnormen zwecks Schutzes von Allgemeininteressen, die weder durch die Normen der vorrangigen Rechtsquellen (den Quran, die Sunna, den Idschma', den Qiyas) anerkannt noch verworfen werden. Solche Interessen nannte man Maslaha mursala. Die Kehrseite dieses Prinzips bedeutet, dass der Istislah keine derogierende Kraft gegenüber den durch die vorrangigen Quellen abgeleiteten Normen besitzt."<ref>El Baradie, Adel (1983): Gottes-Recht und Menschen-Recht; S. 69; Baden-Baden</ref>  
  
Gleichbedeutend mit Istislah ist der Begriff Istidlaal oder auch der Istidlaal Mursal. <ref name="Schauki">Asch-Schaukany, Mohammed bin `Ali; Irschad al Fuhul ila Tahqiq al-Haq min ´Ilm al-Usul, Damaskus-Beirut 2009</ref>
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Gleichbedeutend mit Istislah ist der Begriff Istidlaal oder auch der Istidlaal Mursal<ref name="Schauki">Asch-Schaukany, Mohammed bin `Ali (2009): Irschad al Fuhul ila Tahqiq al-Haq min ´Ilm al-Usul, Damaskus-Beirut</ref>
  
 
== Die Meinungen der Gelehrten zur Berücksichtigung der Masalih Mursala==
 
== Die Meinungen der Gelehrten zur Berücksichtigung der Masalih Mursala==
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Man kann im Allgemeinen zwischen vier Meinungen unterscheiden:
 
Man kann im Allgemeinen zwischen vier Meinungen unterscheiden:
  
1.'''Totale Ablehnung''' der Anwendung der Masalih Mursala. Diese Meinung vertreten Anhänger der Schia und der Thahiria.
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1. '''Totale Ablehnung''' der Anwendung der Masalih Mursala. Diese Meinung vertreten Anhänger der Schia und der Thahiria.
  
2.Die '''unbegrenzte Anwendung''' des Maslaha Mursala. Dies wird von dem Imam [[Malik Ibn Anas]] berichtet. Diese Auffassung wird auch dem Imam Asch-[[Schafi'i]] in seiner früheren Fiqh-Schule zugeschrieben. Allerdings leugnen manche der Malikiten, wie z.B. der Gelehrte al-Qurtubi, dass Malik diese Auffassung vertreten hätte. Er sagte:"Asch-Schafi'i und die Mehrheit der Gefährten [[Abu Hanifa]]s vertraten die Meinung, dass man sich nicht darauf (d.h. auf die Masalih Mursala) stützen dürfe und dies ist auch die Auffassung Maliks." Diese Aussage al-Qurubis ist als Verteidigung Maliks gegenüber Behauptungen anderer Gelehrter anzusehen, die sagten, dass diese Meinung sogar das Töten erlaube, wenn es dem Allgemeinwohl diene.
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2. Die '''unbegrenzte Anwendung''' des Maslaha Mursala. Dies wird von dem Imam [[Malik Ibn Anas]] berichtet. Diese Auffassung wird auch dem Imam Asch-[[Schafi'i]] in seiner früheren Fiqh-Schule zugeschrieben. Allerdings leugnen manche der Malikiten, wie z.B. der Gelehrte al-Qurtubi, dass Malik diese Auffassung vertreten hätte. Er sagte: "Asch-Schafi'i und die Mehrheit der Gefährten [[Abu Hanifa]]s vertraten die Meinung, dass man sich nicht darauf (d.h. auf die Masalih Mursala) stützen dürfe und dies ist auch die Auffassung Maliks." Diese Aussage al-Qurubis ist als Verteidigung Maliks gegenüber Behauptungen anderer Gelehrter anzusehen, die sagten, dass diese Meinung sogar das Töten erlaube, wenn es dem Allgemeinwohl diene.
  
 
Andere Malikiten bestätigen, dass Malik für eine Anwendung ist, allerdings mit dem Hinweis darauf, dass auch Malik gewisse Bedingungen der Anwendung aufstellte, so z.B. dass sie nicht im  Widerspruch zu Quran und Sunna steht.
 
Andere Malikiten bestätigen, dass Malik für eine Anwendung ist, allerdings mit dem Hinweis darauf, dass auch Malik gewisse Bedingungen der Anwendung aufstellte, so z.B. dass sie nicht im  Widerspruch zu Quran und Sunna steht.
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3.'''Anwendung unter der Bedingung''', das das allgemeine Interesse einem Interesse ähneln, das die Scharia berücksichtigt. Dafür bedarf es keiner Bezugnahme auf eine bestimmten Regelung der Scharia, sondern die Bezugnahme auf allgemeine Rechtsregeln der Scharia ist ausreichend. Diese Auffassung wird Asch-Schafi'i und den meisten Gefährten Abu Hanifas zugeschrieben.
 
3.'''Anwendung unter der Bedingung''', das das allgemeine Interesse einem Interesse ähneln, das die Scharia berücksichtigt. Dafür bedarf es keiner Bezugnahme auf eine bestimmten Regelung der Scharia, sondern die Bezugnahme auf allgemeine Rechtsregeln der Scharia ist ausreichend. Diese Auffassung wird Asch-Schafi'i und den meisten Gefährten Abu Hanifas zugeschrieben.
  
4.'''Der Gelehrte al-[[Ghazali]]''' wendet die [[Masalih Mursala]] ebenfalls nur unter bestimmten Voraussetzungen an. Die Interessen müssen notwendig (arab. daruriya), bestimmt (arab.qat´ia) und allgemein (arab. kullia) sein.
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4.'''Der Gelehrte al-[[Ghazali]]''' wendet die [[Masalih Mursala]] ebenfalls nur unter bestimmten Voraussetzungen an. Die Interessen müssen notwendig (arab.: Daruriya), bestimmt (arab.: Qat´ia) und allgemein (arab.: Kullia) sein.
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Zu nennen ist noch eine fünfte Meinung, die aber sichtlich aus dem Rahmen fällt und von allen anderen Fiqh-Schulen kritisiert wurde. Der Gelehrte '''Nadschmuddin at-Tuufi''', der der [[Hanbalitische Fiqh-Schule|Hanbalitischen Fiqh-Schule]] zuzurechnen ist, stimmte der Anwendung der Masalih Mursala ohne Beschränkung zu; d.h. die allgemeinen Interessen können im Einzelfall - seiner Meinung nach - sogar einem eindeutigen Text aus Quran und Sunna vorgehen <ref name="abbasi"/>.
  
Zu nennen ist noch eine fünfte Meinung, die aber sichtlich aus dem Rahmen fällt und von allen anderen Fiqh-Schulen kritisiert wurde. Der Gelehrte '''Nadschmuddin at-Tuufi''', der der [[Hanbalitische Fiqh-Schule|Hanbalitischen Fiqh-Schule]] zuzurechnen ist, stimmte der Anwendung der Masalih Mursala ohne Beschränkung zu; d.h. die allgemeinen Interessen können im Einzelfall -seiner Meinung nach- sogar einem eindeutigen Text aus Quran und Sunna vorgehen. <ref name="abbasi"/>
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Im Ergebnis wenden alle vier Fiqh-Schulen die [[Masalih Mursala]] an, wenn auch die Bedingungen unterschiedlich sind. Der Meinungsstreit dreht sich eher darum, ob der Istislah eine eigenständige Quelle des [[Fiqh]] darstellt oder ob die allgemeinen Interessen nur im Rahmen der vier übereinstimmend anerkannten Quellen des Fiqh ([[Quran]], [[Sunna]], [[Qiyas]], [[Idschma']]) berücksichtigt werden. Nur die [[Malikitische Fiqh-Schule]] sieht  den Istislah als eigenständige Quelle des Fiqh an. Daher findet man in [[Usul al-Fiqh]]-Büchern auch die Aussage, die Mehrheit der Gelehrten würden die Anwendung der Masalih Mursala ablehnen, was im Hinblick auf ihre Anerkennung als eigenständige Fiqh-Quelle zutreffend ist<ref name="abbasi"/><ref name="Schauki"/>.
  
Im Ergebnis wenden alle vier Fiqh-Schulen die [[Masalih Mursala]] an, wenn auch die Bedingungen unterschiedlich sind. Der Meinungsstreit dreht sich eher darum, ob der Istislah eine eigenständige Quelle des [[Fiqh]] darstellt oder ob die allgemeinen Interessen nur im Rahmen der vier übereinstimmend anerkannten Quellen des Fiqh ([[Quran]], [[Sunna]], [[Qiyas]], [[Idschma']]) berücksichtigt werden. Nur die [[Malikitische Fiqh-Schule]] sieht  den Istislah als eigenständige Quelle des Fiqh an. Daher findet man in [[Usul al-Fiqh]]-Büchern auch die Aussage, die Mehrheit der Gelehrten würden die Anwendung der Masalih Mursala ablehnen, was im Hinblick auf ihre Anerkennung als eigenständige Fiqh-Quelle zutreffend ist.<ref name="abbasi"/>,<ref name="Schauki"/>.
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== Grundsätze, die bei der Durchführung des Istislah zu beachten sind==
  
== Grundsätze, die bei der Durchführung des Istislah zu beachten sind:==
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*Der allgemeine Nutzen kann unter die allgemeinen Ziele der islamischen Gesetzgebung (arab.: Maqasid asch-Scharia) eingestuft werden.
*Der allgemeine Nutzen kann unter die allgemeinen Ziele der islamischen Gesetzgebung (arab. Maqasid asch-Scharia) eingestuft werden.
 
 
*Die Berücksichtigung des allgemeinen Nutzens verstößt nicht gegen den Quran, die Sunna oder einen gültigen Qiyas.
 
*Die Berücksichtigung des allgemeinen Nutzens verstößt nicht gegen den Quran, die Sunna oder einen gültigen Qiyas.
 
*Dem allgemeinen Nutzen darf kein allgemeiner Nutzen gegenüber stehen, der als gleich wichtig oder wichtiger eingestuft wird.
 
*Dem allgemeinen Nutzen darf kein allgemeiner Nutzen gegenüber stehen, der als gleich wichtig oder wichtiger eingestuft wird.
*Die Gelehrten stimmen darin überein, dass die Berücksichtigung des allgemeinen Nutzens nicht im Bereich der [[Ibadat]], sondern nur im Bereich der Mu'amalat<ref group="A">Angelegenheiten und Vorschriften, die das Verhältnis zwischen den Menschen, wie z.B. Kauf und Handel  betreffen</ref> angewendet werden darf. <ref name="Schauki"/>
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*Die Gelehrten stimmen darin überein, dass die Berücksichtigung des allgemeinen Nutzens nicht im Bereich der [[Ibadat]], sondern nur im Bereich der Mu'amalat<ref group="A">Angelegenheiten und Vorschriften, die das Verhältnis zwischen den Menschen, wie z.B. Kauf und Handel  betreffen</ref> angewendet werden darf<ref name="Schauki"/>.
  
 
== Quellennachweise==
 
== Quellennachweise==
  
 
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==Anmerkungen==
 
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[[ Kategorie: Quellen des Fiqh|Fiqh]]
 
[[ Kategorie: Quellen des Fiqh|Fiqh]]

Aktuelle Version vom 26. Januar 2010, 12:37 Uhr

Der Istislah (arab.استصلاح) ist eine der umstrittenen Quellen des Fiqh. Insbesondere die Malikitische Fiqh-Schule stützt sich im Rahmen des Idschtihads auf diese Quelle, man spricht auch vom Idtschihad al-Istislahy [1].

Definition des Istislahs[Bearbeiten]

Wörtliche Bedeutung des Istislahs: Manche Gelehrten verwenden den Begriff als Synonyum zu den Masalih Mursala. In beiden Begriffen steckt die Wurzel s-l-h. Beim Begriff Istislah wurde die Vorsilbe I-s-t angefügt, die in der arabischen Sprache oft in der Bedeutung "um etwas nachsuchen, fordern" steht[A 1]. Istislah bedeutet daher wörtlich "das Fordern von Verbesserung und (Allgemein-)Wohl. "[2].

Der Istislah als Fachterminus:

Ibn Qudama schrieb: "Istislah ist das Beachten des Maslaha Mursala"[3], d.h. die Berücksichtigung des allgemeinen Interesses.

"Der Istislah galt als Rechtsgewinnungsmethode zur Schaffung von Rechtsnormen zwecks Schutzes von Allgemeininteressen, die weder durch die Normen der vorrangigen Rechtsquellen (den Quran, die Sunna, den Idschma', den Qiyas) anerkannt noch verworfen werden. Solche Interessen nannte man Maslaha mursala. Die Kehrseite dieses Prinzips bedeutet, dass der Istislah keine derogierende Kraft gegenüber den durch die vorrangigen Quellen abgeleiteten Normen besitzt."[4]

Gleichbedeutend mit Istislah ist der Begriff Istidlaal oder auch der Istidlaal Mursal[5]

Die Meinungen der Gelehrten zur Berücksichtigung der Masalih Mursala[Bearbeiten]

Man kann im Allgemeinen zwischen vier Meinungen unterscheiden:

1. Totale Ablehnung der Anwendung der Masalih Mursala. Diese Meinung vertreten Anhänger der Schia und der Thahiria.

2. Die unbegrenzte Anwendung des Maslaha Mursala. Dies wird von dem Imam Malik Ibn Anas berichtet. Diese Auffassung wird auch dem Imam Asch-Schafi'i in seiner früheren Fiqh-Schule zugeschrieben. Allerdings leugnen manche der Malikiten, wie z.B. der Gelehrte al-Qurtubi, dass Malik diese Auffassung vertreten hätte. Er sagte: "Asch-Schafi'i und die Mehrheit der Gefährten Abu Hanifas vertraten die Meinung, dass man sich nicht darauf (d.h. auf die Masalih Mursala) stützen dürfe und dies ist auch die Auffassung Maliks." Diese Aussage al-Qurubis ist als Verteidigung Maliks gegenüber Behauptungen anderer Gelehrter anzusehen, die sagten, dass diese Meinung sogar das Töten erlaube, wenn es dem Allgemeinwohl diene.

Andere Malikiten bestätigen, dass Malik für eine Anwendung ist, allerdings mit dem Hinweis darauf, dass auch Malik gewisse Bedingungen der Anwendung aufstellte, so z.B. dass sie nicht im Widerspruch zu Quran und Sunna steht.

"Auch nach den Vorstellungen des Begründers dieses Verfahrens, Malik Ibn Anas, durfte die Maslaha nicht im Widerspruch zu den göttlichen Intentionen stehen."[6]

Die Hanbaliten stimmen im Wesentlichen mit der Auffassung Maliks überein.

3.Anwendung unter der Bedingung, das das allgemeine Interesse einem Interesse ähneln, das die Scharia berücksichtigt. Dafür bedarf es keiner Bezugnahme auf eine bestimmten Regelung der Scharia, sondern die Bezugnahme auf allgemeine Rechtsregeln der Scharia ist ausreichend. Diese Auffassung wird Asch-Schafi'i und den meisten Gefährten Abu Hanifas zugeschrieben.

4.Der Gelehrte al-Ghazali wendet die Masalih Mursala ebenfalls nur unter bestimmten Voraussetzungen an. Die Interessen müssen notwendig (arab.: Daruriya), bestimmt (arab.: Qat´ia) und allgemein (arab.: Kullia) sein.

Zu nennen ist noch eine fünfte Meinung, die aber sichtlich aus dem Rahmen fällt und von allen anderen Fiqh-Schulen kritisiert wurde. Der Gelehrte Nadschmuddin at-Tuufi, der der Hanbalitischen Fiqh-Schule zuzurechnen ist, stimmte der Anwendung der Masalih Mursala ohne Beschränkung zu; d.h. die allgemeinen Interessen können im Einzelfall - seiner Meinung nach - sogar einem eindeutigen Text aus Quran und Sunna vorgehen [1].

Im Ergebnis wenden alle vier Fiqh-Schulen die Masalih Mursala an, wenn auch die Bedingungen unterschiedlich sind. Der Meinungsstreit dreht sich eher darum, ob der Istislah eine eigenständige Quelle des Fiqh darstellt oder ob die allgemeinen Interessen nur im Rahmen der vier übereinstimmend anerkannten Quellen des Fiqh (Quran, Sunna, Qiyas, Idschma') berücksichtigt werden. Nur die Malikitische Fiqh-Schule sieht den Istislah als eigenständige Quelle des Fiqh an. Daher findet man in Usul al-Fiqh-Büchern auch die Aussage, die Mehrheit der Gelehrten würden die Anwendung der Masalih Mursala ablehnen, was im Hinblick auf ihre Anerkennung als eigenständige Fiqh-Quelle zutreffend ist[1][5].

Grundsätze, die bei der Durchführung des Istislah zu beachten sind[Bearbeiten]

  • Der allgemeine Nutzen kann unter die allgemeinen Ziele der islamischen Gesetzgebung (arab.: Maqasid asch-Scharia) eingestuft werden.
  • Die Berücksichtigung des allgemeinen Nutzens verstößt nicht gegen den Quran, die Sunna oder einen gültigen Qiyas.
  • Dem allgemeinen Nutzen darf kein allgemeiner Nutzen gegenüber stehen, der als gleich wichtig oder wichtiger eingestuft wird.
  • Die Gelehrten stimmen darin überein, dass die Berücksichtigung des allgemeinen Nutzens nicht im Bereich der Ibadat, sondern nur im Bereich der Mu'amalat[A 2] angewendet werden darf[5].

Quellennachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 `Abbasy Dr., Nur Ad-Din (2008): Al-Idschtihad al-Istislahy, S. 180, Beirut
  2. Khallaf, Abdulwahhab (1982): Masadir at-Taschri´ al-Islami fima la nass fihi, Dar al-Qalam
  3. Raudatu al-Munaatir, Ibn Qudama, schamila
  4. El Baradie, Adel (1983): Gottes-Recht und Menschen-Recht; S. 69; Baden-Baden
  5. 5,0 5,1 5,2 Asch-Schaukany, Mohammed bin `Ali (2009): Irschad al Fuhul ila Tahqiq al-Haq min ´Ilm al-Usul, Damaskus-Beirut
  6. Khallaf, 'Abdulwahhab, Usul al-Fiqh, http://www.waqfeya.net

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. vgl.: istifsara- nach Tafsir/einer Erklärung suchen.
  2. Angelegenheiten und Vorschriften, die das Verhältnis zwischen den Menschen, wie z.B. Kauf und Handel betreffen