Mekkanische und Medinensische Suren

Aus islam-pedia.de
Wechseln zu: Navigation, Suche
Das Quran-Manuskript von Uthman Ibn Affan, dem Schwiegersohn des Propheten Muhammad und 3. Khalifen des Islam, aus dem 1. Jh. n. H.. Topkapi Museum, Istanbul, Türkei. Quelle

Die Unterscheidung zwischen den mekkanischen und medinensischen Suren und Ayat basiert auf Sahih Überlieferung von den Sahaba (Gefährten des Propheten), denn sehr viele der Sahaba hatten genaue Kenntnisse darüber, wann und wo diese hinabgesandt wurden, als sie die Ayat und Suren auswendig lernten.

Definition der mekkanischen und medinensischen Suren und Ayat[Bearbeiten]

Es gibt bei den Quran-Gelehrten je nach Bezug drei verschiedene Definitionen für mekkanische und medinensische Suren und Ayat[1]:


Bezogen auf die Zeit:

  • Mekkanische Ayat sind alle Ayat, die vor der Hidschra hinabgesandt wurden.
  • Medinensiche Ayat sind alle Ayat, die nach der Hidschra hinabgesandt wurden.

Diese Definition ist die bekannteste und am meisten verbreitete unter den Gelehrten. Darüber hinaus ist sie die einzige wissenschaftlich korrekte, weil sie ohne Ausnahme auf alle Suren und Ayat zutrifft, die als mekkanisch bzw. medinensisch bezeichnet werden.


Bezogen auf den Ort:

  • Mekkanische Ayat sind alle Ayat, die in Mekka hinabgesandt wurden.
  • Medinensiche Ayat sind alle Ayat, die in Medina hinabgesandt wurden, unabhängig davon, ob dies vor oder nach der Hidschra geschah.

Az-Zarqani schrieb hierzu: "Diese Meinung wurde widerlegt, weil sie ungenau und inkonsequent ist, weil hier nicht berücksichtigt wurde, was außerhalb Mekkas und Medinas offenbart wurde, der Vers 9:42 etwa ist in Tabuk offenbart worden, ebenso der Vers 43:42, der in Jerusalem während der Nachtreise offenbart wurde."[2]


Bezogen auf den Inhalt:

  • Mekkanische Ayat, sind alle Ayat, die an die Mekka-Bewohner gerichtet waren.
  • Medinensiche Ayat sind alle Ayat, die an die Medina-Bewohner gerichtet waren.

Diese Unterteilung wurde von den Gelehrten kritisiert, da sie wie die vorige ungenau ist: Es gibt mekkanische Ayat, die an alle Muslime gerichtet waren, egal ob Mekkaner oder nicht. Und es gibt medinensische Ayat, die an die Mekkaner gerichtet sind.


Inhaltliche Unterscheidungsmerkmale zwischen medinensischen und mekkanischen Suren und Ayat [1][Bearbeiten]

Mekkanische Suren und Ayat[Bearbeiten]

Eigenschaften der Mekkanischen Suren[Bearbeiten]

  • Jede Sura, in der das Wort "kalla" vorkommt ist eine mekkanische Sura
  • Jede Sura, in der eine Sadschda (Niederwerfung) (Sudschudut-Tilawa) vorkommt ist eine mekkanische Sura
  • Jede Sura, in der (Ya ayuhan-Nasu, O ihr Menschen!) und gleichzeitig nicht (Ya ayuhal-ladhina Amanu, O ihr, die den Iman verinnerlicht habt!) vorkommt, ist eine mekkanische Sura. Sura al-Hadsch (Nr. 22) ist umstritten, da am Ende der Sura (ya ayuhal-ladhina Amanu) vorkommt und sie trotzdem viele der Gelehrten als mekkanische einordnen.
  • Jede Sura, in der die Propheten- und Gesandtengeschichten und die Begebenheiten vergangener Gemeinschaften erzählt werden, ist mekkanische Sura außer Sura al-Baqara (Nr. 2).
  • Jede Sura, in der die Geschichte von Adam und Iblis erzählt wird, ist eine mekkanisch Sura außer Sura al-Baqara (Nr. 2).
  • Jede Sura, die mit den Namen der arabischen Buchstaben beginnt, ist eine mekkanische Sura außer Sura al-Baqara (Nr. 2) und Sura Ali-`Imran (Nr. 3). Sura Ar-Ra'd (Nr. 13) ist umstritten.

Mekkanische Ayat[Bearbeiten]

Die mekkanischen Ayat sind meist kurz, und aufgrund ihres Inhaltes erzeugen sie Ehrfurcht und Angst vor der Bestrafung ALLAHs für die Verfehlenden. Sie beschäftigen sich mit

  • den Prophetengeschichten und den Begebenheiten vergangener Generationen, außer der Begebenheit von Maria (Maryam) und Jesus ('Isa), die in Medina hinabgesandt wurde
  • den Beweisen des Daseins ALLAHs, mit Seiner Einzigartigkeit, mit Tod und Leben und dem Leben nach dem Tod
  • Sie trösten den Gesandten (ALLAHs Segen und Frieden mit ihm) und verlangen von ihm nach dem Vorbild der vergangenen Gesandten und Propheten die Da'ua durchzuführen


Medinensische Suren und Ayat[Bearbeiten]

Eigenschaften der Medinensischen Suren[Bearbeiten]

  • Jede Sura, in der eine Fardh-Handlung oder eine Hudud-Strafe vorkommt ist eine medinensische Sura.
  • Jede Sura, in der die Munafiq (Heuchler) vorkommen, ist eine medinensische Sura außer Sura al-'Ankabut (Nr. 29).
  • Jede Sura, in der eine Auseinandersetzung mit den Schriftbesitzern (Juden und Christen) vorkommt, ist eine medinensische Sura.

Medinensische Ayat[Bearbeiten]

Die medinensischen Ayat sind meist lang und unterscheiden sich stilistisch aufgrund des folgenden Inhalts von den mekkanischen Ayat: Sie beschäftigen sich mit

  • den Scharia-Normen (gottesdienstlichen Handlungen, Zivilrecht, etc.)
  • dem Dschihad (Anstrengung für ALLAH), mit dem Krieg und mit den Kommentaren über die Ghazauat sowie mit der Beute und mit den Munafiq (Heuchler) beschäftigen.
  • den Angelegenheiten des Regierens, der Schura und dem Einhalten von Quran und Sunna beschäftigen.



Liste der mekkanischen und medinensischen Ayat und Suren[1][Bearbeiten]

Wenn eine Sura als mekkanisch oder medinensisch bezeichnet wird, bedeutet dies nicht, dass diese Sura nur mekkanische oder medinensische Ayat enthielte, sondern dieser Titel bezeichnet lediglich die Mehrheit der darin enthaltenen Ayat.

  1. Die medinensischen Suren sind nach der Mehrheit der Gelehrten die folgenden: 2, 3, 4, 5, 8, 9, 24, 33, 47, 48, 49, 57, 58, 59, 60, 62, 63, 65, 66, 110.
  2. Die mekkanischen Suren sind alle Suren außer denen, die unter Punkt 1. und Punkt 3. erwähnt wurden. Es sind insgesamt 82 Suren.
  3. Bei folgenden Suren ist es umstritten ob es sich um mekkanische oder medinensische Suren handelt: 1, 13, 55, 61, 64, 83, 97, 98, 99, 112, 113, 114.



Wissensvorteile von den mekkanischen und medinensischen Ayat und Suren[1][Bearbeiten]

  • Hilfestellung beim Tafsir (Quran-Exegese)
    • Unterscheidung zwischen An-Nasch wal-Mansuch (dem Aufhebendem und Aufgehobenen), die späteren Ayat sind die Aufhebenden.
    • Einsetzen in der Da'ua-Arbeit nach dem Vorbild des Gesandten (ALLAHs Segen und Frieden mit ihm) und seiner Sahaba.
  • Verfolgung und Nachvollziehen der Sira des Gesandten (ALLAHs Segen und Frieden mit ihm) durch den Quran.
  • Nachweis über die Sorgfalt der Muslime beim Umgang mit dem Quran.


Quellen[Bearbeiten]

Der gesamte Inhalt ist entnommen aus:

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Zaidan, Amir M. A. (2002): Einführung in die Quranwissenschaft, Skript, Islamologisches Institut Frankfurt/M.
  2. Az-Zarqani, Muhammad Abulazim: Manahil al-'Irfan fi 'Ulum al-Quran. Dar al-Hadith, Kairo 2001.