Hanafitische Fiqh-Schule

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Die hanafitische Fiqh-Schule (Rechtsschule) geht auf den Imam Abu Hanifa zurück. Sie gehört zur Schule der Ahl Ar-Ra'i.

Grundlagen der Fiqh-Schule (Usul)[Bearbeiten]

  1. Der Quran,
  2. die Sunna des Propheten,
  3. der Idschma',
  4. der Qiyas,
  5. der Istishab,
  6. der Istihsan

Besonderheiten der Hanafitischen Fiqh-Schule[Bearbeiten]

Eine Besonderheit dieser Schule sind die so genannten "Hiyal" (dt. Rechtskniffe), die mit der Zeit ihren festen Platz im Hanafitischen Fiqh einnahmen. Sie gehören jedoch nicht zu den Quellen der Hanafitischen Schule, sind eher eine Besonderheit. Viele spätere Bücher beinhalten ein Kapitel mit dieser Überschrift. Es geht darum, Auswege aus kniffligen Situationen im Fiqh zu finden, jedoch nicht darum - wie manch böse Zunge behauptete - die islamischen Regeln zu umgehen.

Diese Kniffe haben die Hanafitische Rechtsschule ausgezeichnet: es gibt sehr viele Fatuas zu Fällen, die erst viel später eintraten, da die frühen Gelehrten dieser Schule weit vorausdachten und zahlreiche mögliche Probleme erörterten. Daher gilt diese Hanafitische Schule als sehr umfassend.

Eine weitere Besonderheit stellt die Vorgehensweise in den Fiqh-Grundlagen (Usul al-Fiqh) dar: die Grundlagen werden von den Fatwas der Gründer abgeleitet; sie sind eher praxisorientiert und enthalten sehr viele Beispiele aus dem Fiqh - im Gegensatz zu den Fiqh-Grundlagen (Usul) der Mehrheit, deren Werke eher theoretischer Natur sind.

Die Hanafitische Rechtsschule ist einer der schwersten und strengsten Fiqh-Schulen. Dies ist die Schattenseite der "Kniffe", da vieles schon im Voraus geregelt wurde. Außerdem wurde jedes kleine Detail untersucht und erörtert. Darüberhinaus sind die Bücher dieser Rechtsschule sehr abstrakt - wenn auch mit Beispielen untermautert - verfasst, ein Umstand, der es neuen Schülern oft sehr schwer macht, sich in die Grundwerke der Rechtsschule einzulesen.

Das Verbreitungsgebiet der hanafitischen Fiqh-Schule[Bearbeiten]

Die hanafitische Rechtsschule fand große Verbreitung. Sie war die vorherrschende Rechtsschule im Irak zu Zeiten der abbasidischen Herrschaft und die offizielle Rechtsschule im Osmanischen Reich, sowie im früheren Emirat Tunesien. Noch heute stützt man sich in Syrien, Libanon, Irak und Jordanien bei der Erstellung von Rechtsgutachten und im Gerichtswesen auf die hanafitische Rechtsschule. In der Türkei wird sie mehrheitlich bei Fragen des Gottesdienstes angewendet. Sie ist auch die führende Rechtsschule im Balkan, Kaukasus, Afghanistan, Pakistan und weiteren Gebieten. In Ägypten wird die hanafitische Rechtsschule im Familienrecht angewandt, ansonsten werden Urteile und Fatwas nach der schafiitischen Rechtsschule ausgestellt.

Unterschiedliche Ausrichtungen der Hanafiten[Bearbeiten]

Die Umsetzung der hanafitischen Rechtsschule bei den Osmanen beeinflusste die heutige Türkei sowie die Balkanländer. Die Auslegung der Hanafiten dort unterscheidet sich erheblich vom ursprünglichen Fiqh Abu Hanifas und seiner Schüler, so dass man eigentlich von einer fünften Schule sprechen könnte, da sich die Grundlagen sowie die Praxis in vielen Bereichen sehr unterscheiden.

Quellen[Bearbeiten]

  • Sabalek, Ahmad (2008): Al-Madchal ila dirasat al-Fiqh wa al-Usul. Dar ar-Rida, Kairo.
  • Al-Qurtubi, Ibn Ruschd: Bidayat al-Mudschtahid wa nihayat al-Muqtasid (Vorwort des Herausgebers).