Schafi'itische Fiqh-Schule

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Die Schafi'itische Fiqh-Schule ist eine der vier heute im sunnitischen Islam anerkannten Fiqh-Schulen. Sie wurde nach dem Imam Asch-Schafi'i benannt. Da Asch-Schafi´i in seinem Leben verschiedene Länder bereiste und mit Gelehrten der anderen Fiqh-Schulen in Kontakt kam, veränderte er in manchen Fragestellungen seine Meinung und widerrief früher gemachte Aussagen. Im Folgenden wird auf diese Besonderheit in der Schafi´iitischen Fiqh-Schule, sowie deren Grundlagen und Verbreitungsgebiet hingewiesen.

Unterteilung in frühere und neue Schafi´itische Fiqh-Schule

1. Die frühere Fiqh-Schule im Irak Der Imam Asch-Schafi'i entwickelte zunächst in Bagdad seine Rechtsschule. Dort schrieb er das Buch "al-Hudscha". Es steht für die frühere Schafi´itische Fiqh-Schule.

Im Irak veröffentlichte er auch sein Buch "Ar-Risala", das als erstes Werk der Usul al-Fiqh-Wissenschaften gilt. Imam Asch-Schafi´i wird daher als Begründer dieser Wissenschaft bezeichnet.

2. Die neue Fiqh-Schule in Ägypten Nachdem Imam Asch-Schafi´i sich in Ägypten niedergelassen hatte, zog er manche seiner früher gemachten Aussagen wieder zurück. In Ägypten schrieb er das Buch "al-Umm", das für die neue Schafi´itische Fiqh-Schule steht.[1]

Grundlagen der Schafi´itische Fiqh-Schule

Der Imam Asch-Sachfi´i teilte in seinen Werken die islamischen Rechtsquellen in verschiedene Stufen ein:

  1. Quran und Sunna unter der Voraussetzung, dass die Sunna authentisch überliefert wurde.
  2. Idschma' in Angelegenheiten, in denen keine Textstelle aus Quran oder Sunna vorliegt.
  3. Die Aussage einiger Prophetengefährten unter der Voraussetzung, dass kein anderer Gefährte bekannt ist, der ihm widersprochen hätte.
  4. Widersprüchliche Aussagen der Prophetengefährten, wobei Asch-Schafi´i eine Aussage davon auswählte.
  5. Der Analogieschluss Qiyas. [2]

Wie man sieht, gehen Quran und Sunna den anderen Rechtsquellen vor. Asch-Schafi´i ging zunächst vom äußeren Wortlaut aus (arab. tahir) und wich erst davon ab, wenn sich dafür ein Beleg fand.

Der Imam Asch-Schafi´i lehnte die Methode des Istihsan entschieden ab. Er schrieb sogar ein Buch mit dem Titel: "Ibtal al-Istihsan" - Ungültigkeit des Istihsans.

Er lehnte auch den Bezug auf das Allgemeinwohl (arab.: al-Maslaha al-Mursala) oder auf die Praxis der Bewohner von Medina (arab. 'Amal Ahl al-Medina) als Rechtsquellen ab. [3]

Besonderheiten der Schafi´itische Fiqh-Schule bezüglich der genannten Rechtsquellen

1. Sunna: Asch-Schafi´i bezog sich auch dann auf ein Hadith des Propheten (Frieden und Segen auf ihm), wenn es nicht mutawatir überliefert wurde, d.h. nicht von einer Vielzahl von Personen, sondern nur von einem oder wenigen Gefährten (arab. Khabar al-Wahid). Voraussetzung bei ihm ist lediglich, dass der Überlieferer als gerecht und vertrauenswürdig gilt. Es muss sich also um eine authentische Überliefererkette handeln. Er setzte dagegen keinen bestimmten Bekanntheitsgrad voraus wie dies Imam Abu Hanifa verlangt. Auch die Befolgung des Hadithes durch die Bewohner von Medina war kein Kriterium für ihn, anders als bei Imam Malik.

Asch-Schafi´i bezog sich im Gegensatz zu Abu Hanifa und Malik auf sogenannte Ahadith al-Mursala nur unter der Bedingung, dass sie von verlässlichen Personen überliefert wurden. Im Ergebnis akzeptierte er nur die von dem Tabi´y Ibn al-Musayyib überlieferten Mursal-Hadithe..[4]

2. Idschma´: Asch-Schafi´i ließ es für die Annahme eines Gelehrtenkonsenses nicht ausreichen, dass ein Hadith Khabar al-Wahid vorlag und diesbezüglich kein Widerspruch der Gelehrten bekannt war. Denn Unkenntnis eines möglichen Widerspruchs war seiner Meinung nach kein Beweis für einen Konsens der Gelehrten.

Der Idschma´ bezog sich bei Asch-Schafi´i nur auf Pflichten, über die keine Unkenntnis bestehen kann, wie z.B. Gebets- und Zakat-Vorschriften. [5]

3. Aussagen der Prophetengefährten: Asch-Schafi´i zog die Aussage eines Prophetengefährten dem Qiyas vor. Bei widersprüchlichen Aussagen der Sahaba wählte er eine davon aus.

4. Qiyas: Asch-Schafi´i zog den Qiyas nur bei Notwendigkeit heran. Imam Ahmad Ibn Hanbal sagte: "Ich fragte Asch-Schafi´i nach dem Qiyas, daraufhin antwortete er mir: "bei Notwendigkeit."" [6]

Verbreitungsgebiet der Schafi´itischen Rechtsschule

Die Schafi´itische Rechtsschule fand zunächst Anwendung in Äqypten. Unter den Fatimiten bezog man sich auf die anderen Rechtsschulen, jedoch kehrte die Schafi´itische Rechtsschule zur Zeit des ayyubidischen Staates zurück und sie wurde zur offiziellen Rechtschule des Staates. Nach ihr richtete man sich auch in der berühmten Al-Azhar-Universität. Die Osmanischen Herrscher führten danach die Hanafitische Rechtsschule als offizielle Rechtsschule im Gerichtswesen in Ägypten ein.

Aber nicht nur in Ägpypten, auch im Irak (Bagdad), Khorasan(Iran), Jemen und Syrien verbreitete sich die Rechtsschule.

Heute findet man sie in Ägypten, wo sie in Angelegenheiten der gottesdienstlichen Handlungen dominiert, sowie in Jordanien. In Syrien, Libanon (insb. in Beirut), Irak, Indochina und unter den Sunniten im Iran und im Jemen gibt es ebenfalls viele Anhänger.

Auf den Philippinen und Ceylon finden sich Anhänger, in Indonesien dominiert die Schafi´itische Rechtsschule. Wenige Anhänger finden sich dagegen im Hidschaz, Indien und Pakistan.[7]

Quellenangaben

  1. Dr. Al-Aschqar, ´Umar Sulaiman, Al-Madhal il dirasa al-Madhahib wa Al-Madaris Al-Fiqhia, Jordanien 2008
  2. Ibn al-Qayyim, Schams ad-Din, I´laam al-Muuqi´iin, Beirut 2004
  3. Al-Hassan Al-Hadschawy Al-Ta´aliby, Muhammad Ibn, Al-Fikr as-Saamy fi Tarikh al-Fiqh al-Islamy, Saudi-Arabien 1977
  4. Dr. Al-Aschqar, ´Umar Sulaiman, Al-Madhal il dirasa al-Madhahib wa Al-Madaris Al-Fiqhia, Jordanien 2008
  5. Asch-Schafi´i, Muhammad Ibn Idris, al Umm, Bait al-Afkar, http://www.waqfeya.net
  6. Ibn al-Qayyim, Schams ad-Din, I´laam al-Muuqi´iin, S.62, Dar al-Kitab al-`arabiy, Beirut 2004
  7. Dr. Sulaiman bin ´Abdullah, Muqaddima fi l-fiqh, 1997, Riyad S.A.