Idschma'

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Idschma´ (arab.الإجماع) bedeutet Konsens aller relevanter Gelehrten in Übereinstimmung mit Quran und Sunna - es ist die dritte weitgehend anerkannte Quelle des Fiqh. [1]Dennoch treten bei der Anwendung des Idjma´ verschiedene Fragestellungen auf, über die die Gelehrten recht unterschiedliche Meinungen vertreten. Es fängt schon mit der Frage an, wie und durch wen der Konsens zustande kommt?

1. Definition:

Sprachlich hat das Wort Idjma' in der arabischen Sprache zwei verschiedene Bedeutungen und zwar Entschlossenheit und Übereinstimmung.[2]

Die fachspezifische Definition lautet: "Meinungsübereinstimmung der Mudjtahidin der islamischen Gemeinschaft bezüglich eines islamisches Urteils nach (dem Tod) des Propheten." [3]

Erklärung der Definition:[3]

  1. Eine Meinungsübereinstimmung liegt nicht vor, wenn auch nur einer der Mudjtahidin widerspricht.
  2. Def. des Mudschahids: Ein Gelehrter, der zum Idschtihad befähigt ist. Idjtihad bedeutet, dass der Gelehrte durch eigene Anstrengung (seiner geistigen Kräfte) und auf der Grundlage von Quran und Sunna zu einem islamischen Urteil gelangen kann. Gewöhnliche Muslime oder auch sog.Muqallid-Gelehrte sind am Idjma´somit nicht beteiligt.
  3. islamische Gemeinschaft: die Meinung nichtislamischer Gelehrter findet beim Idjma´keine Berücksichtigung.
  4. Die Eingrenzung: nach dem Tod des Propheten dient der Klarstellung hinsichtlich der Beweiskraft. Eine Meinungsübereinstimmung zur Zeit des Propheten wird nicht Idjma´genannt. Ihre Beweiskraft rührt vielmehr daher, dass ihr Inhalt mit der Sunna des Propheten übereinstimmt. Rechtsquelle ist dann die Sunna des Propheten und nicht der Idjma´. Wenn z.B. ein Sahabi sagte: wir taten dies und jenes zu Zeiten des Propheten, so beruft er sich auf die Sunna des Propheten.
  5. Ein islamisches Urteil: Hiermit ist das Urteil bezügl. einer Handlung gemeint, das diese Handlung als erlaubt, verboten, verpönt, erwünscht oder verpflichtend einstuft. Nicht darunter fallen Meinungsübereinstimmungen über Beurteilungen im Bereich der Logik oder der Gewohnheiten.

Asch-Schaukany definiert den Idjma´ als: Übereinstimmung der Mudschtahidin der Gemeinschaft Mohammeds nach dessen Tod zu einer bestimmten Epoche in einer (beliebigen) Angelegenheit. [4]

Die Einschränkung “zu einer bestimmten Epoche” soll verdeutlichen, dass der Mudjtahid zu dem Zeitpunkt, in dem die Fragestellung aufgeworfen wurde, gelebt haben muss und auch bereits über die notwendigen Eigenschaften des Mudjtahids verfügt hat.

Dagegen enthält der Abschnitt “ in einer beliebigen Angelegenheit” eine Erweiterung zur oben genannten Definition. Der Idjma´soll sich demnach nicht nur auf islamische, sondern auch auf Beurteilungen im Bereich der Logik, Gewohnheiten und selbst auf sprachliche Fragestellungen erstrecken.

Wie man sieht, werden die unterschiedlichen Meinungen der Gelehrten zu einzelnen Punkten der Anwendung des Idjma´ schon in der Definition des jeweiligen Gelehrten deutlich. So gibt es noch weitere Definitionen des Idjma´ bei den früheren Gelehrten, die die verschiedenen Meinungen widerspiegeln.


Beispiel eines Idjma´

Als Beispiel sei ein Idjma´ genannt, der das Erbrecht betrifft. Im Falle der Tochter des Sohnes (also der Enkelin) kamen die Gelehrten darüber überein, dass diese die gleiche Rechtsposition wie die verstorbene Tochter des Erblassers einnimmt. Der Tochter steht gemäß Quran grundsätzlich die Hälfte der Erbschaft zu, falls sie keine Geschwister hat.


2. Belege dafür, dass der Idschma´ als Fiqh-Quelle erlaubt ist[3]

1) “ Und so haben wir euch zu einer Gemeinschaft der Mitte gemacht, damit ihr Zeugen über die (anderen) Menschen seiet und damit der Gesandte über euch Zeuge sei.” (Quran, Sura al-Baqara (die Kuh) 2:143)[5] D.h. Zeugen bezügl. der Taten und ebenfalls Zeugen bezügl. der Beurteilung dieser Taten.

2) “… Wenn ihr miteinander über etwas streitet, dann bringt es vor Allah und den Gesandten, wenn ihr wirklich an Allah und den Jüngsten Tag glaubt.” (Quran, Sura an-Nisa 4:59)[5] Im Umkehrschluss heißt dies, dass das, worüber sie nicht streiten, richtig ist.

3) Aus der Sunna des Propheten (Allahs Segen und Frieden auf ihm): “Meine Gemeinschaft einigt sich nicht auf etwas Falsches“.

4) Logische Beweisführung: Die Übereinstimmung der Gemeinschaft bezüglich einer Sache ist entweder richtig oder falsch. Wenn sie richtig ist, dann dient sie als Beweis. Wenn sie falsch ist, wie kann es sein, dass sich diese Gemeinschaft, die die ehrenwerteste Gemeinschaft bei Allah seit der Epoche ihres Propheten bis zum Anbruch der Stunde (Anm. gemeint ist das Jüngste Gericht) ist, auf etwas Falsches einigt, mit dem Allah nicht zufrieden ist ? Dies ist absolut unmöglich.

Quellennachweise

  1. Rohe, Mathias (2009): Das islamische Recht, München
  2. Langenscheids Taschenwörterbuch Arabisch, München 2000
  3. 3,0 3,1 3,2 al-Utaimin, Schaikh Mohammed bin Salih (2003): Al-Usul min `Ilm Al-Usul, Saudi-Arabien
  4. Asch-Schaukany, Mohammed bin `Ali (2009): Irschad al Fuhul ila Hahqiq al-Haq min ´Ilm al-Usul, S. 267, Damaskus-Beirut
  5. 5,0 5,1 Bubenheim, Frank A.; Elyas, Dr. N. : Bedeutung des edlen Qurans in deutscher Sprache. König Fahd-Komplex, Saudi Arabien, URL: http://islam-verstehen.de/downloads.html?task=view.download&cid=19