Idschtihad

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Version vom 20. Dezember 2009, 10:03 Uhr von Aischa (Diskussion | Beiträge) (Idschtihad Definition und Vorraussetzungen)
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Definition des Idschtihads / Einleitung

Das Wort Idschtihad wird sprachlich von dem arabischen Verb “dschahada” abgeleitet. Dieses Verb bedeutet in seinem dritten Stamm “idschtahada” sich bemühen, fleißig sein, selbständig forschen.[1]

Unter Idschtihad versteht man in der Islamwissenschaft, die Anstrengung (der geistigen Kräfte) um auf der Grundlage von Quran und Sunna zu einem islamischen Urteil zu gelangen.

Beim Idschtihad handelt es sich folglich nicht um eine Rechtsquelle, sondern um eine Methode, Rechtsfortbildung zu betreiben. Als der Prophet (Friede und Segen auf ihm) starb, hinterließ er die im Quran und in der Sunna enthaltenen rechtlichen Bestimmungen. Diese beiden Quellen bildeten aber kein abgeschlossenes Gesetzeswerk. Als neue, nicht gesetzlich geregelte Sachverhalte nach dem Tode des Propheten (Friede und Segen auf ihm) auftauchten, griffen seine Gefährten und insbesondere die rechtgeleiteten Kalifen (Allahs Wohlgefallen auf ihnen) auf das Instrument des Idschtihads zurück, um befriedigende Lösungen im Sinne des Islam zu finden. “Mit dem Idschtihad begannen die Geburtswehen des Fiqh, der islamischen Rechtswissenschaft.”[2]

In den Schriften der Gelehrter finden sich verschiedene Definitionen des Idjtihads:

'''Abu Hamid Al- Ghazaly''' (gest. 505 n.H.) schrieb: "Der Begriff (des Idschtihads) erlangte bei den Gelehrten die spezielle Bedeutung der Anstrengung der (geistigen) Kräfte des Mudschtahids im Erforschen (arab. Talab al-´ilm) der islamischen Bestimmungen. Der vollständige Idschtihad ist, wenn jemand dabei seine Kräfte anstrengt bis er selbst das Gefühl hat, dass er nicht fähig ist, noch weitergehend zu forschen. [3]

Die Definition des Gelehrten '''Al-Amidy''' (gest. 631 n.H.) klingt ähnlich wie die des Gelehrten Al-Ghazaly, sie erhält aber eine wichtige Einschränkung, indem Al-Amidy darauf hinweist, dass der Idschtihad nur in Angelegenheiten möglich ist,in denen noch kein hundertprozentiges Wissen besteht. Er spricht vom “Forschen nach Wissen, das nicht hundertprozentig sicher ist”, (arab.: talab ath-than).[4]

D.h. in Angelegenheiten, die sich ganz klar aus dem Quran ergeben, ist kein Idschtihad möglich, wie z.B. das Verbot des Verzehrs von Schweinefleisch.

Ein zeitgenössischer Autor beschreibt den Idschtihad wie folgt: “Wo kein Schrift- oder Sunna-Text “Nass” gegeben ist, bemühe man sich, in einem bestimmten Fall eine eigene Meinung zu bilden: Das will sagen, wenn das Gesetz schweigt, entscheidet man sich nach eigenem Rechtsempfinden, nach dem Geist des Gesetztes: Das Resultat solcher Geistestätigkeit nennt man in der Usul-Wissenschaft “Ra´y“. der heutigen Terminologie ausgedrückt, bedeutet das Wort “Ra´y“ Rechtsfortbildung. “[5]

Dies bedeutet natürlich nicht, dass jeder Laie nach seinem eigenen Rechtsempfinden entscheiden darf. Die Ausübung des Idschtihqds ist vielmehr den Gelehrten, den Mudschtahids, vorbehalten.

Voraussetzungen des Idschtihads

Unter denen im Folgenden aufgeführten Voraussetzungen ist es einem Gelehrten erlaubt, Idschtihad zu betreiben:[6]

  1. Er muss ausreichende Kenntnis derjenigen islamischen Quellen haben, die er benötigt, um Idschtihad zu machen. Dazu gehören die Quranstellen, aus denen sich die rechtlichen Bestimmungen ableiten lassen (arab. Ayat al-Ahkam). Dies sind ca. 500 Stellen. Das Gleiche gilt für die Hadithe, die rechtliche Bestimmungen betreffen (arab.: Ahadith al-Ahkam).
  2. Er muss sich mit der Einordnung der Hadithe in authentische (arab.: sahih) und schwache (arab. :da´if) Hadithe auskennen, ebenso muss er u.a. den Isnad und die Gewährspersonen, die diese Hadithe überlieferten, kennen.
  3. Er muss hinsichtlich der Hadithe wissen, ob diese abrogierend oder selbst abrogiert sind. ( arab.: nasikh und mansukh), damit er nicht eine Bestimmung aufgrund eines Hadith ableitet, dessen rechtliche Aussage aufgehoben wurde. Dazu benötigt er auch das Wissen, ob womöglich ein [Idschma´] vorliegt, damit er nicht entgegen dem Idschma´ urteilt.
  4. Er muss sich in der arabischen Sprache und der Usul al-Fiqh-Wissenschaft auskennen. Dies betrifft die richtige Auslegung von Begriffen (arab. Dalalat al-Alfaz), wie z.B. die Allgemeingültigkeit einer Aussage (arab. Al-´Am).
  5. Er muss geistige Fähigkeiten besitzen, die es ihm ermöglichen, rechtliche Bestimmungen aus den Beweisen abzuleiten.

Das weitere Kriterium der Rechtschaffenheit (arab. 'adala) des Mudschtahids ist Voraussetzung dafür, dass man eine Fatwa (Rechtsauskunft) von dem betreffenden Gelehrten annehmen darf.[7]


Literaturhinweise und Belege

  1. Langenscheids Taschenwörterbuch Arabisch, München 2000
  2. El Baradie,Adel;Gottes-Recht und Menschen-Recht; S. 69; Baden-Baden 1983
  3. Al-Ghazaly, Abu Hamid, Al-Mustasfa, 2. Band, Beirut,2.Aufl.
  4. Al-Amidy, Abu al-Hasan, al-Ahkam fi Usul al-Ahkam, Verlag Kitab al-`Araby, 1984
  5. El Baradie,Adel; Gottes-Recht und Menschen-Recht; S. 69; Baden-Baden 1983
  6. Al-Utaimin, Mohamed bin Salih, Al-Usul min `Ilm Al-Usul, Saudi-Arabien 2003
  7. Samir Mourad, Said Toumi, Methodenlehre der Ermittlung islamischer Bestimmungen, S.27,Didi e.V., http://www.didi-info.de

--Aischa 08:53, 20. Dez. 2009 (UTC)