Fiqh-Schulen (Rechtsschulen)

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Version vom 26. Dezember 2009, 15:44 Uhr von Aischa (Diskussion | Beiträge) (Die Gemeinsamkeiten der Fiqh-Schulen)
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Die islamische Fiqh-Schulen (auch oft als "Rechtsschulen" bezeichnet) werden im Arabischen Madhahib (Pl.) genannt, im Singular Madhab. Der Begriff bedeutet in der arabischen Sprache ursprünglich „den Weg, den man einschlägt“ oder auch das, worauf man sich zu bewegt[1]. Dies kann konkret (z.B. ein Ort) oder auch abstrakt (z.B. ein Standpunkt) sein. Der Wortstamm dahaba (arab.: ذهب) bedeutet "gehen".

Als Fachbegriff versteht man darunter im Allgemeinen, die Methode, die eine Person oder eine Gruppe vorzeichnet. Diese Methode kann sich auf Angelegenheiten des Dogmas, des Verhaltens, der rechtlichen Bestimmungen oder anderes beziehen.

Wenn man im Bereich des Fiqh von Madhab spricht, ist damit "eine fiqhwissenschaftliche Methode gemeint, die ein Fiqhgelehrter, der Mudschtahid ist, eingeschlägt und sich dadurch von anderen Fiqh-Gelehrten unterscheidet, was dazu führt, dass er im Bereich der Detailfragen eine bestimmte Auswahl an Rechtsregelungen trifft."[1] D.h. in Detailfragen in denen Meinungsverschiedenheiten bestehen, vertritt er aufgrund seiner methodischen Vorgehensweise eine spezielle Meinung.

Heute sprechen Muslime oft davon, dass sie einer bestimmten Fiqh-Schule (Rechtsschule) angehören. Im Folgenden wird auf die Entstehung der Fiqh-Schulen, deren Bedeutung für die Muslime und die Frage eingegangen, ob man einer bestimmten Rechtsschule folgen muss.

Die Entstehung der (vier) Fiqh-Schulen

Um die Entstehung der verschiedenen Fiqh-Schulenzu verstehen und deren Bedeutung nachzuvollziehen, ist es wichtig, einen Blick auf die Geschichte der islamischen Fiqh zu werfen. Die islamische Fiqh durchschritt drei wichtige Epochen, was schließlich im 2. Jhrd. n.H. zur Entstehung der Rechtsschulen führte.

Heute sind vorallem die sunnitischen Fiqh-Schulen der vier Imame Abu Hanifa, Malik Ibn Anas, Muhammad Ibn Idris Al-Schafi'i und Ahmad Ibn Hanbal gekannt. Daneben gab es anfangs noch weitere Rechtsschulen, die jeweils nach ihrem Gründern benannt wurden. Zu nennen ist die Rechtsschule des Auza´i (gest. 774 n.Chr.), die des Sufyan ath-Thauri (gest. 777 n.Chr.), die der Thahiriten sowie die kurzlebige Schule des Qurankommentators und Historikers al-Tabari (gest. 923 n.Chr.) [2]. Diese Schulen fanden jedoch nicht genug Anhänger und verschwanden daher im Laufe der Zeit.

Die vier großen Fiqh-Gelehrten wirkten zu einer Zeit, in der die islamische Fiqh blühte und weite Verbreitung fand.


Die Gemeinsamkeiten der Fiqh-Schulen

Die Fiqh-Schulen weisen viele Übereinstimmungen auf:[3]

  1. Die vier bekannten Imame folgten alle einer gemeinsamen Denkrichtung, die der Ahl as-Sunna wa al-Dschama´a, d.h. der Aqida der Sunniten. Sie verteidigten diese Aqida gemeinsam gegen abweichende Gruppen wie den Charidschiten, den Mu´ataziliten und der Schia.
  2. Die vier Fiqh-Schulen stimmen in Bezug auf die wichtigsten Grundlagen im Fiqh überein. Gemeint sind die von allen anerkannten Rechtsquellen: der Quran, die Sunna, der Idschma´und der Qiyas.
  3. Die Imame lernten voneinander. So reiste Abu Yusuf - ein Schüler des Imams Abu Hanifa- zu Imam Malik, um bei ihm zu studieren. Einige Schüler Maliks wiederum reisten in den Irak und studierten bei Gelehrten der Hanafiten. Genannt sei Asad Ibn al-Farat, der bei Muhammad Ibn al-Hassan studierte. Imam Asch-Schafi´i studierte ebenfalls bei Imam Malik. Er tauschte sich im Irak mit Schülern von Abu Hanifa aus. Imam Ahmad Ibn Hanbal übernahm Wissen von Asch-Schafi´i. Dies zeigt welch' enge Beziehungen unter den Gelehrten bestanden. Es wird auch überliefert, dass sie sich gegenseitig lobten und füreinander Bittgebete sprachen.
  4. Manche Gelehrten wechselten von einer Fiqh-Schule zu einer anderen ohne dass dies als verwerflich angesehen wurde, es sei denn dies geschah aus rein weltlichen Interessen. So folgte z.B. der Hanafi-Gelehrte Ibrahim Ibn Khalid Al-Baghdady Imam Asch-Schafi´i. Der schafi´itische Gelehrte Abu Dscha´far al-Tahaawy wurde dagegen Hanafi. Und so gibt es noch zahlreiche Beispiele.
  5. Die Imame hatten alle das gleiche Ziel: Sie wollten in den strittigen Fragestellungen herausfinden, was die von Allah gewollte Regelung ist. Sie wandten dabei überwiegend die gleichen Methoden im Rahmen des Idschtihad an. (siehe Punkt 2)
  6. Alle vier Imame forderten ihre Schüler dazu auf, der Wahrheit zu folgen, auch wenn sie selbst zuvor etwas Gegenteiliges gesagt hatten. Imam Asch-Schafi´i sagte z.B.: " Die Muslime sind einhellig der Meinung, dass, wenn jemandem eine Sunna des Gesandten Allahs klar geworden ist, es ihm nicht erlaubt ist, sie aufgrund der Aussage irgendeines anderen zu verlassen.[4]
  7. Viele Gelehrte der Fiqh-Schulen zitierten in ihren Werken neben den Aussagen der eigenen Gelehrten auch die Aussagen der anderen Fiqh-Schulen. Sie nannten die jeweiligen Beweise und die vorzuziehende Meinung. Dies gilt z.B. für Ibn Qutama, An-Nawawy und Ibn Hadschar al-´Asqalaany.[5]

Wie man sieht, standen sich die Gelehrten der verschiedenen Fiqh-Schulen ursprünglich keineswegs feindselig gegenüber. Der wesentliche Unterschied zwischen den Fiqh-Schulen bestand vielmehr in der uneinheitlichen Anwendung und Gewichtung der Rechtsquellen und unterschiedlicher Auslegungsmethoden. Aufgrund der unterschiedlichen Beurteilung dieser Grundlagen (arab. Usul) gelangten die Gelehrten dann zu unterschiedlichen Aussagen hinsichtlich Detailfragen der rechtlichen Bestimmungen (arab. Furu´).

Das Folgen einer bestimmten Fiqh-Schulen

in Bearbeitung

Quellenangaben

  1. 1,0 1,1 Dr. Al-Aschqar, ´Umar Sulaiman (2008): Al-Madhal il dirasa al-Madhahib wa Al-Madaris Al-Fiqhia, Jordanien
  2. vgl. Rohe, Dr. Mathias (2009): Das islamische Recht, S.29, München
  3. vgl.Dr. Al-Aschqar, ´Umar Sulaiman, Al-Madhal il dirasa al-Madhahib wa Al-Madaris Al-Fiqhia, Jordanien 2008
  4. Ibn al-Qayyim, Schams ad-Din, I´laam al-Muuqi´iin, Beirut 2004
  5. vgl. Ibn Hadschr al-´Asqalaany, Ahmad Ibn Ali, Fath al-Baary - Scharh Sahih al-Bukhary, Dar as-Salam, Riad, Saudi-Arabien