Fiqh

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Definition Fiqh

Fiqh (arab.: ‏فقه‎) bedeutet sprachlich: „das Begreifen, das Verstehen, die Erkenntnis, Einsicht haben in etwas“. Im Quran heißt es z.B. in Sure Hud, Vers 91:

"Sie sagten: O Schu'aib wir verstehen (arab.: nafqahu) nicht viel von dem was du sagst" (Quran, Hud Vers 91)


Es wird als ein Licht (arab.: Nur) des Herzens beschrieben, welches Einsicht in das Wesen der Dinge zu geben vermag:

"Wir haben viele Dschinnen und Menschen erschaffen, deren Ende die Hölle sein wird! Sie haben Herzen, mit denen sie nicht begreifen ("la yafqahuna biha"), und sie haben Augen, mit denen sie nicht sehen, und sie haben Ohren, mit denen sie nicht hören; sie sind wie das Vieh; nein, sie irren noch eher (vom Weg) ab. Sie sind wahrlich unbedacht." (Quran, 7:170)


Muauija berichtet, dass der Gesandte Allahs (ALLAHs Segen und Frieden mit ihm) gesagt hat:

"Wem Allah etwas Gutes zukommen lassen möchte, den lässt er die Religion gut verstehen (arab.: jufaqqih-hu fi-d-Din)."
(Dies berichteten Buchari und Muslim.)


In der islamischen Fachterminologie bedeutet Fiqh die Kenntnis der praktischen islamischen Bestimmungen, die anhand von detaillierten Beweisen aus Quran und Sunna abgeleitet werden.[1]

Imam Abu Hanifa hat "Fiqh" folgendermaßen definiert:[2]

“Die Fiqh-Wissenschaft ist das Wissen um die Dinge, die zum Vorteil bzw. zum Nachteil einer Person gereichen. Wissen ist lediglich zum Handeln da. Wissen praktizieren bedeutet, das Ablassen von den weltlichen Beschäftigungen und die Verbannung dieser aus dem Herzen, um die Glückseligkeit im Jenseits zu erreichen. Mit den vorteiligen und nachteilen Dingen sind die Gebote, die Verbote und die erlaubten Dinge (arab.: mubah) gemeint, die den Verantwortung tragenden Muslim (arab.: Mukallaf[A 1]) anbetreffen. Das Ablassen von den weltlichen Beschäftigungen und die Verbannung dieser aus dem Herzen, um die Glückseligkeit im Jenseits zu erreichen, meint das Unterlassen der weltlichen Begierden und der Liebe zu materiellen Gütern und die Bereitstellung aller persönlichen Möglichkeiten für den Dienst auf dem Wege Allahs, um auf diese Weise die Glückseligkeit im Jenseits zu erreichen."[3]


Erklärung der Definition:

  • Kenntnis/Wissen: wird auch als Wissenschaft, die sich mit den praktischen islamischen Bestimmungen befasst, übersetzt.
  • Praktische islamische Bestimmungen: d.h. Bestimmungen, die sich auf Tätigkeiten wie Beten, Fasten, Spenden, u.s.w. beziehen. Nicht darunter fallen somit islamische Bestimmungen, die Aqida (Glaubensinhalte) betreffen.
  • Detaillierte Beweise: d.h. diesen Bestimmungen lassen sich konkrete Beweise aus Quran und Sunna zuordnen. Z.B. ist der Quranvers Nr.3 in Sure al Ma´ida "Verboten ist euch (der Genuss von ) Verendetem…" ein konkreter Beweis dafür, dass der Genuss von Verendetem haram ist.

In der Fachsprache wurde der Begriff Fiqh zunächst nur auf praktische islamische Bestimmungen angewandt, die aus konkreten Beweisstellen mit Idjtihad abgeleitet wurden. Die Gelehrten haben später den Begriff auf alle praktischen Bestimmungen, die in islamischen Fiqh-Büchern behandeln werden, angewandt, obwohl darin auch Dinge aufgeführt werden, die Muslime im Allgemeinen und im Speziellen kennen, da allgemein bekannte Texte mit hundertprozentigem Beweiswert darauf hinweisen. Fiqh bezieht sich daher heute auf die gesamten in Fiqhbüchern aufgeworfenen Fragestellungen. [4]

Man kann den Begriff Fiqh auch mit Rechtswissenschaften übersetzten, dabei ist jedoch zu beachten, dass Fiqh weit über das hinausgeht, was man geläufig unter Rechtswissenschaften versteht. Fiqh beschäftigt sich nicht nur mit Bestimmungen des Kauf-, Familien- oder auch Strafrechts, sondern behandelt darüber hinaus auch Bestimmungen bezüglich der Ausführung des Gebetes, der Voraussetzung von Reinheit und anderen Fragestellungen, die im europäischen Rechtsstaat nicht unter den Begriff Rechtswissenschaft fallen. Dies hängt damit zusammen, dass der Islam eine Religion ist, die sämtliche Lebensbereiche des gläubigen Muslims betrifft und diese Bereiche umfassend regelt.

Faqih

Als Faqih wird eine Person bezeichnet, die Wissen hinsichtlich der islamischen Bestimmungen hat; sei es, dass sie dieses Wissen durch Idjtihad und Überlegung oder durch Taqlid[A 2] eines Imams, d.h. eines Gelehrten, erworben hat.[5]

Bereiche des Fiqh

Die Bereiche des Fiqh kann man in drei Gruppen einteilen :[6]

  1. gottesdienstliche Handlungen im engeren Sinne (arab.: 'ibadat), z.B. Bestimmungen bezüglich des Fastens, des Gebetes oder der Pilgerfahrt.
  2. Beziehungen zwischen den Gläubigen, sei dies geschäftlich (z.B. Bestimmungen des Kaufrechts) oder im privaten Bereich (z.B. Scheidungsbestimmungen) (arab.: mu'amalat)
  3. Strafrechtliche Bestimmungen.



Anmerkungen

  1. D.h. ein zurechnungsfähiger Mensch ab dem Pubertätsalter
  2. Taqlid ist das Befolgen einer anderen Meinung ohne Kenntnis der Beweise


Quellen

  1. As-Salmy, Dr. Ayad bin Namy: Usul al-fiqh alladhi la yas' alfagih djahlahu. Dar Ibn Hazm, Riad 2005
  2. Mourad, Samir; Pacic, Jasmin (2008): Fiqh II: Arbeits-, Handels- und Eigentumsrecht, Erbrecht, Strafrecht, Gerichtsverfahren. Karlsruhe, 2. Auflage, Deutscher Informationsdienst über den Islam (DIdI) e.V., ISBN 978-3-9810908-9-5. Download-URL: http://www.islam-verstehen.de/downloads.html?task=view.download&cid=259
  3. Imam Burhanuddin Az-Zarnuschi, Ta'limu'l Muta'allim, S. 27. Aus: [Kerimoğlu]
  4. ibid
  5. ibid
  6. vgl. Al-Aschqar, Umar Sulaiman 'Abdullah, nahu Thaqafa Islamia Isila, Dar An-nafa'is, Jordanien 2002