Dha'if - schwache Hadithe

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Dha'if (arab.: ضَعِيف) ist ein Begriff der Hadithwissenschaft, er wird für Hadithe verwendet, die nicht die hohen Kriterien des sahih oder hasan erfüllen und damit schwach sind

Definition

Linguistisch: das Wort "dha'if" (ضَعِيف) bedeutet: schwach.

Islamologisch: Ein Hadith, der eine oder mehrere Bedinungen eines authentischen Hadithes nicht erfüllt. Wenn nur eine Bedinungen nicht erfült wurde, spricht man von einem schwachen Hadith.

Ein schwacher Hadith (da'if) ist ein Hadith, "der nicht die Eigenschaften eines authentischen (sahih) oder guten (hasan) Hadithes erfüllt."[1]

Der schwache Hadith wird also durch sein Gegenteil, den authentischen Hadith, definiert.

Die Bedingungen eines authentischen Hadithes sind:

  • Verbundener Isnad
  • Starkes Gedächtnis der Überlieferer
  • Vertrauenswürdigkeit der Überlieferer durch korrektes Verhalten in Bezug auf Religion und Mitmenschen
  • Text muss im Einklang mit anderen Offenbarungstexten sein und darf kein Widerspruch zu anderen authentischen Quellen aufweisen
  • Der Hadith darf keine Ungereimtheiten aufweisen. Kontrolle nach schwer auffindbaren Schwächen

Wird eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, ist der Hadith schwach. Demnach gibt es viele Kategorien und Grade der Schwäche.


Arten von schwachen Hadithen

Es gibt viele Unterteilungen, manche teilen die schwachen Hadithe in bis zu 70 Arten auf. Im Prinzip wird jeder Hadith einzeln beurteilt und unterscheidet sich dadurch von allen anderen.

Schwache Hadithe werden allgemein nach zwei Kriterien unterteilt:

  1. Nach den nicht erfüllten Bedingungen der Authenzität
  2. Nach dem Schwächegrad

Kategorien schwacher Hadithe hinsichtlich der Bedingungen

Hier unterscheidet man zwischen:

Unterbrochener Isnad

Ist der Isnad (die Überlieferungskette) unterbrochen, ist der Hadith schwach. Je nach der Art der Unterbrechung gibt es verschiedene Bezeichnungen:

  • Munqati' (Oberbegriff für unterbrochene Isnade): Der Isnad ist irgendwo unterbrochen.
  • Mu'dal: eine Doppellücke im Isnad, d.h. es fehlen mindestens zwei aufeinanderfolge Überlieferer
  • Mursal (der zweite Überlieferer - bei einem Hadith der Sahabi - fehlt): Die Verbindung zwischen dem Tabi'i und dem Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) fehlt.

Diese Art von Unterbrechung wird unterschiedlich beurteilt:

Mursal der Sahaba: Wenn ein Prophetengefährte von einem anderen Prophetengefährten überlieferte und ihn nicht erwähnte, spricht man von einen Mursal der Sahaba. Da alle Sahaba vertrauenswürdig waren, wird diese Form des Mursal akzeptiert.
Mursal der frühen Gefährtenschüler (Tabi'un): Wenn ein Gefährtenschüler nur von den Sahaba überlieferte - also nicht von anderen Tabi'un - werden seine Hadithe angenommen, wenn er den Prophetengefährten nicht erwähnte, da er nur von Sahaba - also vertrauenswürdigen Überlieferern - überlieferte.
Mursal der späten Tabi'un: Diese werden in der Hadithwissenschaft als schwach eingestuft, da einige Tabi'un von anderen Gefährtenschülern überlieferten. Ist der Gefährtenschüler (nach dem Vergleich mit anderen Überlieferungen) unbekannt, so besteht die Möglichtkeit, dass er schwach war, weshalb der Hadith abgelehnt wird. Im Fiqh wird der Mursal-Hadith der Tabi'un jedoch oft als Beweis verwendet.
  • Mu'allaq (einer oder mehrere Überlieferer am Ende der Kette fehlen): Im Hadithwerk fehlen ein oder mehrere Überlieferer bis zur Person, von der die Aussage überliefert wird.


Schwäche beim Überlieferer

Hierfür gibt es mehrere Gründe:

  • Frevelhaftes Verhalten
  • Sektiererei
  • Öffentliches Sündigen
  • Schwaches Gedächtnis
  • Durch Alter oder Krankheit bedingte zeitlich beschränkte Gedächtnisschwäche
  • Überlieferer kann seine Aufzeichnungen nicht vor Fälschungen schützen

Schwaches Gedächtnis des Überlieferers Ist das Gedächtnis des Überlieferers nur leicht schwach und sind die anderen Bedingungen der Authenzität erfüllt, ist der Hadith hasan. Hatte der Überlieferer aber ein schwaches Gedächtnis - auch wenn alle anderen Bedingungen der Authenzität erfüllt wären - so ist der Isnad schwach. Erst im Vergleich mit anderen Versionen anderer Überlieferer kann man feststellen, ob der Hadith vielleicht doch - über andere Wege - authentisch ist.

Die Hadithgelehrten testeten das Gedächtnis der Hadithlehrer, wer gravierende Fehler machte oder sich häufig verzettelte, wurde als "schwach" bezeichnet.

Wichtig zu erwähnen ist, dass Hadithe schon von Beginn an niedergeschrieben wurden. Konnte der Überlieferer seine Skripte vor Fälschungen schützen, so überlieferte man von ihm und verglich seine Hadithe mit den anderen Überlieferungen. Deshalb reisten die Hadithgelehrten sehr viel, um durch den Vergleich die Überlieferer zu prüfen.

Sonderfall:

Manche Überlieferer waren zwar stark, wurden aber im Alter schwach. Andere wiederum waren nur in der Überlieferung der Gelehrten, bei denen sie lange lernten, stark, weswegen man Überlierer kennt, die nur in Bezug auf bestimmte Gelehrte zuverlässig waren.

Von manchen Gelehrten ist bekannt, dass ihre Skripte gefälscht wurden, weshalb die Hadithe abgelehnt wurden. Anderen wurden die Skripte gestohlen, oder verbrannten - wie bei Ibn Lahi'a. Wenn eindeutig bekannt war, wann dies geschah, wurden die Überlieferungen vor der Zerstörung der Skripte angenommen, die Überlieferungen, die eindeutig oder wahrscheinlich nach der Zerstörung der Skripte stattfanden, bedürfen jedoch der genauen Prüfung, werden also zunächst abgelehnt.

Vertrauenswürdigkeit der Überlieferer Bei der Vertrauenswürdigkeit wurden mehrere Aspekte beachtet:

Frömmigkeit: War ein Überlieferer nicht fromm, wurden seine Hadithe abgelehnt, auch wenn er ein starkes Gedächtnis hatte. Als fromm galten diejenigen, von denen man wusste, dass sie keine großen Sünden begingen und nicht auf kleinen Sünden beharrten. Angehörige einer Sekte: Gehörte der Überlieferer einer Sekte an, wird der Hadith abgelehnt, außer er war sehr vertrauenswürdig und rief andere nicht zu seiner Sekte auf; doch selbst in diesem Fall nahm man keine Hadithe an, die mit den Irrlehren der Sekte in Verbindung stehen könnten, wie etwa, wenn ein Schiit Hadithe über die Vorzüge Alis überliefert. Tugendhaftigkeit: Wer sich unverschämt oder schlecht benahm, dessen Hadithe wurden abgelehnt, auch wenn der Überlieferer sonst korrekt war. Diese Hadithe werden jedoch als leicht schwach bezeichnet.

Widerspruch zu anderen Hadithen

Wenn ein Hadith eindeutig dem Quran oder authentischen Hadithen widerspricht und es nicht möglich ist, eine Verbindung oder Erklärung dafür zu finden, so wird der Hadith abgelehnt. Doch nicht alle zunächst gegensätzlich erscheinenden Aussagen sind Widersprüche:

  • Der Hadith oder die Aya können aufgehoben sein.
  • Es handelt sich um eine Einschränkung einer allgemeinen Formulierung
  • Es handelt sich um eine Erklärung zu unklar formulierten Regel
  • Es handelt sich nur um einen scheinbaren Widerspruch, der sich jedoch bei genauerer Untersuchung der Überlieferungen klärt.

Bei einem eindeutigen Widerspruch unterscheidet man zwei Kategorien:

  • Schaaddh: Alle Überlieferer sind korrekt, aber der Text widerspricht authentischen Quellen.
  • Munkar: Mindestens ein Überlieferer ist schwach und der Hadith widerspricht den authentischen Quellen.

Ungereimtheiten (Illa) im Hadith

Ungereimtheiten können sowohl im Text selbst, als auch in der Überlieferungskette auftreten. Je nach Grad dieser Ungereimtheiten kann der Hadith abgelehnt werden, auch wenn er ansonsten authentisch erscheint.

Verschiedene Versionen gleichen Inhalts gelten zwar theoretisch als Ungereimtheit, werden jedoch nicht als schädlich betrachtet, solange kein Widerspruch in der Bedeutung auftritt.

Ungereimtheiten herauszufinden, erfordert viel Erfahrung in der Hadithwissenschaft und ist das Feld der großen Hadithgelehrten.


Schwächegrad

Man unterscheidet zwischen:

leicht schwach

Es handelt sich um Hadithe, die nur wegen Kleinigkeiten für schwach befunden wurden. Diese Art von schwachen Hadithen können folgendermaßen verwendet werden:

  • Durch ähnliche oder bessere Hadithe können sie als hasan beurteilt werden
  • Diese Hadithe darf man im Fiqh und im Achlaq als Beweis verwenden (mehr hierzu im Abschnitt: Darf man schwache Hadithe verwenden?)

sehr schwach

Sehr schwache Hadithe erfüllen unter anderem mehrere Kriterien für authentische Hadithe nicht, enthalten unbekannte Überlieferer im Isnad, oder Sektierer. Es gibt noch andere Gründe dafür, dass ein Hadith als sehr schwach bezeichnet wird. Diese Kategorie darf man weder durch andere stärkere Hadithe für hasan erklären, noch darf man sie als Beweis im Fiqh oder Achlaq benutzen.

erfunden

Erfundene Hadithe sind schließlich die schwächste Kategorie: es ist erwiesen, dass diese Hadithe erfunden wurden. Aber nicht jeder Hadith, den ein Lügner überliefert, muss erfunden sein. Lügner haben auch andere Hadithe weitererzählt, allerdings werden sie von Lügnern nicht angenommen, man sucht nach anderen Überlieferungsketten.



Darf man schwache Hadithe verwenden?

Im Abschnitt Schwächegrad wurde schon ansatzweise erklärt, dass man zwischen leicht schwachen und sehr schwachen Hadithen unterscheiden muss. Leicht schwache Hadithe dürfen - laut Konsens aller Gelehrten - im Fiqh und im Bereich Achlaq verwendet werden, und zwar als Beweis. In der Aqida und im Tafsir werden schwache Überlieferungen unterstützend zu authentischen verwendet, sie gelten jedoch nicht als Beweis.

In der Aqida dürfen keine schwachen Hadithe als Beweis verwendet werden.

Bei der Beweisführung mit schwachen Hadithen im Fiqh und Achlaq muss darauf hingewiesen werden, dass der Hadith schwach ist.

Es ist also falsch, einen Hadith abzulehnen, nur weil er als schwach eingestuft wurde. Es gibt Bereiche im Fiqh, in denen man sich überwiegend auf schwache Hadithe stützt.

Warum verwendet man schwache Hadithe

Man verwendet leicht schwache Hadithe, weil die Kriterien für authentische Hadithe so streng sind, dass viele die Bedingungen gar nicht erfüllen, aber als annehmbar gelten. Außerdem gibt es im Bereich der sozialen Beziehungen und Verträge im Fiqh nicht genügend Hadithe, die den hohen Anforderungen des Kriteriums "sahih" entsprechen.

Sehr schwache Hadithe dürfen jedoch unter keinen Umständen als Beweis verwendet werden.

Quellen

  • Tahhan, Mahmud: Taisir Mustalah al-Hadith.
  • As-Suyuti, Djalal Addin: Tadrib ar-Raqi.
  • Al-'Asqalani, Ahmad ibn Hadschar: Nuzhat an-Nazar.
  • 'Etr, Nur Addin: Manhadsch an-Naqd 'ind al-Muhaddithin.
  • As-Suyuti, Dschalaluddin (911): Tadrib ar-Rawi, Maktabat ar-Riyad al-haditha, Bd. 1, S. 172.